Mittwoch, 25. Februar 2015

Globalisierung im Kapitalismus-Zeitalter

Vernetzung einzelner aktueller Themenstellungen (Pecha Kucha)

BIP:


HDI:


GINI Koeffizient:
Der Gini-Koeffizient oder auch Gini-Index ist ein statistisches Maß, das vom italienischen Statistiker Corrado Gini zur Darstellung von Ungleichverteilungen entwickelt wurde. Ungleichverteilungskoeffizienten lassen sich für jegliche Verteilungen berechnen.

Der Gini-Koeffizient nimmt einen Wert zwischen 0 (bei einer gleichmäßigen Verteilung) und 1 (wenn nur eine Person das komplette Einkommen erhält, d. h. bei maximaler Ungleichverteilung) an. Mit einer gleichmäßigen Verteilung ist dabei nicht die Gleichverteilung im wahrscheinlichkeitstheoretischen Sinne gemeint, sondern eine Verteilung mit einer Varianz von 0. Im häufigsten Anwendungsfall, der Einkommensverteilung in einem Staat, heißt das, dass das Einkommen eines jeden gleich hoch ist, und nicht etwa, dass jede Einkommenshöhe gleich häufig ist.

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Entwicklungszusammenarbeit:






Klimawandel:



Weltklimareport: "Es ist noch Zeit, aber sehr wenig"

Der Kampf gegen den Klimawandel sei bezahlbar - noch, sagt der Weltklimarat. Eine CO2-Reduktion würde das globale Wirtschaftswachstum kaum beeinträchtigen.
02.11.2014 | 18:25 |   (Die Presse)
Kopenhagen. Der Weltklimarat (IPCC) hat mit der Zusammenfassung seiner drei jüngsten Berichte die Bedrohung des Klimawandels auf den Punkt gebracht: Ohne sofortiges entschlossenes Handeln drohe eine tiefgreifende und irreversible Veränderung des Weltklimas – und noch seien die Kosten für Gegenmaßnahmen begrenzt.
Der fünfte Weltklimareport wurde am Sonntag in Kopenhagen vorgestellt. Die Forscher stellten klar, dass der Temperaturanstieg mit globalem Einsatz noch gebremst werden könne – und ein rascher Wechsel auf alternative Energien wenig kosten würde. Der IPCC hält die Erwärmung der Erde bei einem völligen Stopp des Treibhausgas-Ausstoßes bis 2100 für noch beherrschbar. „Es ist noch Zeit, aber sehr wenig“, sagte der Chef des Klimarats IPCC, Rajendra Pachauri, am Sonntag.

Kosten jetzt noch tragbar

Wenn Kohlendioxid-, also CO2-, und andere Treibhausgas-Emissionen in den nächsten 90 Jahren auf nahe null gedrückt würden, sei die globale Erwärmung auf etwa zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen und verursache noch tragbare Kosten, heißt es in dem Bericht. Er dient als Grundlage für die Weltklimakonferenz Ende November in Peru. Diese soll wiederum den Weg für das entscheidende Treffen ein Jahr später in Paris ebnen, wo sich die Weltgemeinschaft auf einen umfassenden Klimavertrag einigen will.
Die nun vorgestellte 40-seitige Synthese fasst die Erkenntnisse von drei vorherigen, detaillierten Berichten des IPCC aus den vergangenen zwölf Monaten zusammen. Seit 2010 arbeiteten mehr als dreitausend Experten aus mehr als 70 Ländern daran. Der Bericht bestätigt erneut, dass der Klimawandel mit einer Wahrscheinlichkeit von über 95 Prozent vom Menschen gemacht ist. „Der Kampf gegen den Klimawandel ist bezahlbar, wir sind aber nicht auf dem richtigen Weg“, sagte der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer. Edenhofer war führend an den letzten IPCC-Berichten beteiligt.
Ohne einschneidende Maßnahmen werde das Risiko erheblich steigen, dass es durch die Erwärmung am Ende des 21. Jahrhunderts zu schwerwiegenden und unumkehrbaren Folgen für die Umwelt komme, heißt es in dem Bericht weiter. Damit ist etwa das komplette Abschmelzen der Grönland-Gletscher mit einem Anstieg des Meeresspiegels und großflächigen Überschwemmungen der Küstenregionen gemeint.
Um eine Erwärmung über zwei Grad Celsius zu verhindern, sei eine drastische Reduzierung der CO2-Emissionen in den kommenden Jahrzehnten notwendig. Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre sei auf dem höchsten Stand seit mindestens 800.000 Jahren, warnte der IPCC. Die weltweite Oberflächentemperatur habe sich zwischen 1880 und 2012 um 0,85 Grad erhöht, und der Meeresspiegel sei zwischen 1901 und 2010 um 19 Zentimeter gestiegen.

Null CO2-Ausstoß bis 2100

Notwendig sei eine Reduzierung des Ausstoßes der Treibhausgase wie Kohlendioxid um 40 bis 70 Prozent zwischen 2010 und 2050 und auf null bis 2100. Dafür müsse von fossilen Energiequellen wie Öl, Gas und Kohle auf Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind und Wasser umgeschwenkt und der Energieverbrauch deutlich reduziert werden.
Nach den Berechnungen des IPCC würde das globale Wachstum von den Kosten zur Reduzierung der CO2-Emissionen nicht stark betroffen werden. Selbst ehrgeizige Maßnahmen würden demnach nur jährlich 0,06 Prozentpunkte des weltweiten Konsums im 21. Jahrhundert kosten, wobei mit einem jährlichen Wachstum zwischen 1,6 und drei Prozent gerechnet wird. Sollte dagegen nicht rasch etwas unternommen werden, würden die Kosten stark ansteigen, warnte der Weltklimarat.
Österreich ist zuletzt von seiner Rolle als Umweltmusterland zugunsten der Wirtschaft abgewichen. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner forderte kurz vor dem EU-Klimagipfel Ende Oktober gratis CO2-Zertifikate für die Industrie und ein Ende der verbindlichen EU-Klimaschutzziele. (es/ag.)

Der Kompromiss von Lima Klimagipfel bringt Minifortschritt
Nach zweitägiger Verlängerung beim UN-Klimagipfel einigten sich Industriestaaten und Schwellenländer vorerst auf eine Lastenverteilung.
14.12.2014 | 18:18 |   (Die Presse)
Lima. Nach mehr als zweiwöchigen Verhandlungen haben sich 190 Staaten beim UN-Klimagipfel in Perus Hauptstadt, Lima, auf einen Kompromiss verständigt, der den Weg für ein weltweites Abkommen im kommenden Jahr ebnen soll. Die am Sonntag erzielte Einigung sieht vor, dass alle Regierungen bis Ende März überarbeitete nationale Programme zur Reduzierung der Treibhausgase vorlegen müssen. Zudem wurde auf Druck der Entwicklungsländer eine finanzielle Unterstützung durch die reicheren Staaten zugesichert. Während EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete von einem guten Ergebnis sprach, kritisierten Industrie- und Umweltverbände das Ergebnis von Lima als nicht ausreichend, um die Erderwärmung in einem beherrschbaren Rahmen zu halten.
Die Verhandlungen in Lima mussten wegen eines Streits zwischen den Schwellen- und Industrieländern über die Lastenverteilung verlängert werden. „Wir haben bekommen, was wir wollten“, sagte Indiens Umweltminister, Prakash Javadekar. Das Abschlussdokument halte fest, dass die reicheren Staaten den ärmeren finanziell helfen müssten. In Lima sei der Grundsatz der Rahmenkonvention von 1992 bekräftigt worden, wonach die Industriestaaten beim Klimaschutz die Führungsrolle übernehmen.

Angst vor Hemmung des Wachstums

Damit wurden Bedenken von Staaten wie China und Indien zerstreut, die befürchteten, dass ihnen zu große wachstumshemmende Verpflichtungen auferlegt würden.
Nun soll Ende kommenden Jahres in der Paris ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen die Erderwärmung für die kommenden Jahrzehnte beschlossen werden, das erstmals allen Ländern Verpflichtungen auferlegt. Das Kyoto-Protokoll von 1997 verpflichtete nur die Industriestaaten zur Reduktion sogenannter Treibhausgase. China will noch bis 2030 einen weiteren Zuwachs an Treibhausgasen erlauben und danach in die Reduktion einsteigen. Das wirtschaftlich aufstrebende Riesenreich in Ostasien ist vor den USA, der EU und Indien der weltweit größte Produzent an Treibhausgasen.

Grüne: „Nur Babyschritte vorwärts“

In Lima haben sich auch einige Entwicklungs- und Schwellenländer verpflichtet, zu einem neu geschaffenen Grünen Klimafonds beizutragen, für den Zusagen von mehr als zehn Milliarden Dollar für besonders stark vom Klimawandel betroffene Länder gemacht wurden. Für die Umweltschutzorganisation WWF wurden in Lima die Minimalziele „ganz knapp“ erfüllt. Die Vorgaben für ein neues globales Klimaabkommen seien vorhanden. Nun brauche es aber von allen Ländern klare CO-Reduktionsziele.
Österreichs Landwirtschaftsminister, Andrä Rupprechter (ÖVP), sieht das Ergebnis des Klimagipfels positiv: Man habe eine tragfähige Basis für die Erarbeitung eines globalen Klimavertrages geschaffen. „Alle müssen an einem Strang ziehen. Dabei setzen wir alles daran, auch die USA, China und Russland ins Boot zu holen. Es steht uns ein intensives Verhandlungsjahr bevor“, so Rupprechter. Für die Grünen ist das Ergebnis des Klimagipfels jedoch „besorgniserregend schwach“. „Es sind nur Babyschritte in Richtung eines Weltklimavertrages gemacht worden, der nächstes Jahr in Paris fertiggestellt werden muss“, kritisierte die grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner. (Reuters/ APA)

                                      

Kyoto Protokoll

Einen Meilenstein in der Umsetzung der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stellt die 3. Vertragsstaaten-Konferenz (COP3) 1997 in Kyoto dar. Das am 11.12.1997 unterzeichnete Kyoto-Protokoll enthält erstmals rechtsverbindliche Begrenzungs- und Verringerungsverpflichtungen für die Industrieländer (vgl. Tabelle unten). 
Das Protokoll sollte in Kraft treten, sobald mindestens 55 Staaten, die zusammengerechnet mehr als 55 % der CO2-Emissionen des Jahres 1990 verursachten, das Abkommen ratifiziert haben. An der zweiten Bedingung scheiterte lange Zeit das Inkrafttreten, da große Emittenten die Ratifizierung verweigerten, so etwa die USA seit dem Amtsantritt des republikanischen Präsidenten George W. Bush im Jahr 2000. 
Erst nach Ratifizierung durch die russische Duma am 5.11.2004 konnte das Kyoto-Protokoll endlich am 16.2.2005 in Kraft treten. 
Ab dem Jahr 2013 wird es mit Kyoto II bis zum Jahr 2020 fortgeführt. 

Fortführung des Kyoto-Protokolls 2013-2020

Kyoto II: UN-Klimakonferenz in Doha 2012
Auf der 
UN-Klimakonferenz in Doha, Katar 2012 wurde eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls (Kyoto II) bis zum Jahr 2020 beschlossen. Das Abkommen soll ab dem 1. Januar 2013 in Kraft treten und damit direkt an das bisherige Kyoto-Protokoll anschließen. Ab 2020 ist ein internationales Klimaabkommen geplant, welches von allen Ländern eingehalten werden soll. Über dieses wird noch bis spätestens 2015 verhandelt werden.

Die Ziele des bisherigen Abkommens werden weiter beibehalten oder noch weiter gesenkt werden. Ein genaues Ziel steht noch nicht fest. Im ersten Kyoto-Protokoll sollten die CO2-Emmissionen im Vergleich zu 1990 um 20% gesenkt werden, bzw. um 5% jährlich im Zeitraum von 2008 bis 2012. Zu den Fortschritten der Länder soll es nun im Jahr 2014 eine Überprüfung geben. Deutschland hat mit einer Reudizerung im 26% dieses Ziel bereits mehr als erfüllt. Bisherige Mitgliedsstaaten wie Russland, Japan und Neuseeland haben in dem Folgeprotokoll keine festen Klimaziele mehr. Kanada ist bereits 2011 ausgestiegen und die Hauptproduzenten von CO2 wie China und die USA sind dem Protokoll gar nicht beigetreten oder haben es nicht ratifiziert. Damit nehmen an Kyoto II noch 37 Länder einschließlich der EU-Staaten teil. Die CO2-Emmissionen dieser Teilnehmerstaaten machen jedoch nur bis zu 15% der weltweiten Emmissionen aus.
Der Handel mit Emmissionsrechten wurde in Kyoto II eingeschränkt. Das er überhaupt noch zulässig ist, liegt an den Einwänden einiger Länder, u.a. Polen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion weniger CO2 verbrauchten als ihnen erlaubt war und deswegen noch viele Zertifikate besitzen, die sie verkaufen können. Diese Zertifikate werden auch als Heiße Luft ("Hot Air") bezeichnet.

Ausstieg Kanada, 2011
Am 13. Dezember 2011 kündigte Kanada den Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll an. Ein Grund hierfür könnte gewesen sein, dass die Treibhausgasemissionen des Landes seit Jahren steigen (2010 lagen sie 35% über dem Wert von 1990) und dies in Zukunft zu Strafzahlungen von umgerechnet ca. 10 Milliarden Euro geführt hätte, die die kanadische Regierung nun umgehen wollte. Kanada will nun einen eigenen Reduktionsplan aufstellen, nachdem die Emissionen bis 2020 um 20% im Vergleich zu 2006 gesenkt werden sollen. Verglichen mit 1990 wären dies jedoch nur 3%.

Cancún Agreement zur Fortführung des Kyoto-Protokolls, 2010
Schon auf der 
UN-Klimakonferenz in Cancún (Mexiko) 2010 wurde eine Fortführung der Verhandungen zur Weiterführung des Kyoto-Protokolls bzw. zur Einigung auf ein Nachfolgeabkommen beschlossen. Ein Versuch, dies zu erreichen, war auf der Konferenz in Kopenhagen 2009gescheitert. Jedoch konnten sich die Vertragsstaaten des Protokolls darauf einigen, dass es ein Folgeabkommen geben soll, dass das Ziel der Reduzierung des Treibhausgasausstoßes fortführen soll. Auf der UN-Klimakonferenz in Durban 2011 einigten sich die Vertragsstaaten darauf eine Fortführung des Protokolls auf dem nächsten Klimagipfel 2012 in Katar zu erarbeiten. Nicht festgelegt wurde dabei, ob das Nachfolgeprotokoll bis 2017 oder bis 2020 gelten soll. Mehr zu den Verhandlungen über ein weltweites Klimaabkommen ab 2020 finden Siehier im Lexikon.

Ziele und Maßnahmen 2008-2012
Im Kyoto-Protokoll von 1997 haben die Vertragsstaaten vereinbart, ihre Emissionen an sechs Treibhausgasen, bzw. Treibhausgasgruppen - eine Übersicht finden Sie auf unserer Seite 
Treibhausgase - bis zum Jahre 2012 um mindestens 5,2 % unter das Niveau von 1990 (Vergleichsjahr) zu senken. Als Basis für die ausgehandelte Reduktionsverpflichtung diente der 1995 vom wissenschaftlichen Forum der Klimakonferenz geschätzte Wert einer Temperaturerhöhung zwischen 1°C und 3,5°C bis zum Jahr 2100. Für einzelne Länder sind spezifische Vorgaben vorgesehen. Die Reduktionsziele der wichtigsten Ländergruppen sind: EU 8 Prozent, USA 7 Prozent, Japan 6 Prozent, Kanada 6 Prozent. Für die EU-15 sind wiederum unterschiedliche Ziele vereinbart worden, wobei einige Mitgliedsstaaten ihre Emissionen sogar noch steigern dürfen, vgl. die folgende Tabelle. 

EU-Mitglied (EU-15)
Reduktionsvorgabe
EU-Mitglied (EU-15)
Reduktionsvorgabe
Luxemburg
-28%
Finnland
0%
Dänemark
-21%
Frankreich
0%
Deutschland
-21%
Schweden
4%
Österreich
-13%
Irland
13%
Großbritannien
-12,5%
Spanien
15%
Belgien
-7,5%
Griechenland
25%
Italien
-6,5%
Portugal
27%
Niederlande
-6%


Neben dem Einsparen von eigenen Emissionen stehen den Staaten drei flexible Instrumente zur Zielerreichung zur Verfügung: 

·         der weltweite Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten (Emissionshandel),
·         das Umsetzen von Maßnahmen in Entwicklungsländern (Clean Development Mechanism) und
·         projektbezogene Kooperationen mit anderen Industriestaaten zur Emissionsminderung, wobei die erreichten Einsparungen auf die nationalen Reduktionsziele anrechenbar sind (Joint Implementation).
Das Kyoto-Protokoll bietet somit über die Nutzung der flexiblen Mechanismen zugleich diverse, die vereinbarten Reduktionsziele aufweichende Schlupflöcher.

Emissionshandel
Die Idee des Emissionszertifikatehandels stammt ursprünglich vom damaligen Senator des Bundesstaates Tennessee und späteren US-amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore. In seinem 1992 veröffentlichten Buch "Wege zum Gleichgewicht. Ein Marshallplan für die Erde" (siehe auch unsere Seite 
Ein globaler Marhallplan) schreibt er:
"Neben dem Tausch von Schulden gegen Natur gibt es einen weiteren Vorschlag, wie man Marktmechanismen dazu einsetzen kann, der Welt bei der Bewältigung der Umweltkrise zu helfen: die Einrichtung eines Markts für CO2-Emissions»zertifikate«, nicht nur in unserem eigenen Land, sondern auch international. Ich befürworte einen internationalen Vertrag, der jeder Nation nur eine begrenzte Menge an CO2-Emissionen im Jahr zugesteht; gleichzeitig sollte er einen Mechanismus zur Einrichtung der Emissionszertifikate enthalten. Wenn der Vertrag abgeschlossen ist, könnten Länder, die bei der Senkung ihrer Emissionen mehr Erfolg haben, ihre nicht in Anspruch genommenen Emissionsrechte an andere verkaufen, die mehr Zeit für die erforderliche Umstellung brauchen. In der Praxis würde damit ein Weg geschaffen, um Investitionen in die wirksamsten Formen der Senkung der CO2-Emissionen zu lenken, sei das nun der Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare Energien, die Entwicklung neuer Verfahren zur Effizienz und Einsparung von Energie oder die Entwicklung ganz neuer Richtlinien für die herkömmliche Industrie. Natürlich wird es nicht leicht sein, eine Übereinkunft über die Aufteilung der Emissionsrechte zu erzielen, und das gleiche gilt für die Frage, ob eine Verringerung der Gesamtmenge von Jahr zu Jahr durchführ-bar ist. Aber wenn genügend viele Länder erkennen, welche Bedrohung von den CO2-Emissionen ausgeht, dürfte die Ausarbeitung eines Vertrages kein unüberwindliches Hindernis sein."
Das Prinzip des heute installierten Emissionshandels hat diese Idee von Al Gore übernommen: Jeder Verursacher von Emissionen muss für die von ihm verursachte Einheit an Verschmutzung über ein Zertifikat verfügen. Verbraucht ein Lizenznehmer nicht alle Zertifikate, kann er diese an andere Teilnehmer verkaufen, die einen Überschuss an Verschmutzung zu decken haben.
Beim Emissionshandel sind aktuell zwei Systeme zu unterscheiden:


·         Der europäische Emissionshandel (ETS) untergliedert sich in drei Handelsperioden, den Zeitraum von 2005 bis 2007, die Zeit von 2008 bis 2012 sowie die im April 2009 von der EU beschlossene dritte Phase von 2013 bis 2020. Lediglich für das Treibhausgas Kohlendioxid werden Zertifikate ausgegeben; andere Treibhausgase wie Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe werden erst ab der dritten Phase berücksichtigt. Als Händler treten Unternehmen, Organisationen oder private Personen auf.

·         Dem gegenüber handeln beim internationalen Emissionshandel (IET) Länder miteinander, nämlich die Annex-B-Staaten (Industriestaaten) des Kyoto-Protokolls. Der IET startete im Januar 2008 und bezieht die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFC), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6) mit ein.

Das Scheitern der Weltregierung
22.06.2012 | 18:34 | MARTIN KUGLER UND JAKOB ZIRM (Die Presse)

UN-Konferenz. Globale Gipfeltreffen bringen zunehmend nur noch Hotelumsätze für die Veranstalterländer – aber keine konkreten Ergebnisse.

[…] Selbstbewusste Schwellenländer
Das Scheitern des Kyoto-Prozesses zeigt eine wesentliche Änderung zu damals: Bis vor einem Jahrzehnt bestimmten die großen und mächtigen Staaten der westlichen Hemisphäre, wo es langgeht – und alle anderen schlossen sich mit mehr oder weniger großem Murren und nach dem Verteilen von Zuckerln an. Heute ist das anders: Selbstbewusst wie nie zuvor pochen auch Schwellen- und Entwicklungsländer auf ihre Interessen. Seit sich die 20 größten von ihnen 2003 zur „Gruppe der 20“ zusammengeschlossen haben, bläst den Industrienationen ein immer stärkerer Wind ins Gesicht. Der noch verschärft wird, weil die Schwellenländer derzeit rasante Zuwächse in allen Bereichen vermelden können – während die Industrienationen unter wirtschaftlicher Schwäche leiden.
Die Schwellenländer lehnen – durchaus nachvollziehbar – alle Verpflichtungen ab, die ihren Aufholprozess verlangsamen würden. Die Industrieländer sind jedoch ebenfalls immer weniger bereit, allein alle Wettbewerbsnachteile etwa durch den Klimaschutz auf sich zu nehmen. Besonders krass ist das bei Klima- und Umweltverhandlungen, bei denen das Thema Energie im Zentrum steht. Denn diese ist nun einmal der wichtigste Treiber für die Entwicklung.
Der Widerstand der aufstrebenden Länder gegen die Dominanz der Industriestaaten bleibt klarerweise nicht auf Umweltthemen beschränkt. Auch die Konferenzen der Welthandelsorganisation WTO gehen seit Jahren ergebnislos zu Ende, weil sich die beiden Blöcke unversöhnlich gegenüberstehen. Die Industrienationen fordern einen Abbau von Handelsbeschränkungen. Die Schwellenländer wollen diesen aber nur gewähren, wenn der Westen zuvor seine Agrarsubventionen reduziert – was wiederum am innenpolitischen Widerstand in den USA oder der EU scheitert.
Bei den großen UN-Konferenzen ist grundsätzlich Einstimmigkeit bei allen Beschlüssen vorgesehen, jedes einzelne Mitglied kann durch ein Veto blockieren. Daher verstärkt sich seit einigen Jahren bei vielen Experten und Beobachtern die Meinung, dass UN-Konferenzen nicht das richtige Vehikel sind, um etwas voranzubringen.

G20 gewinnen an Bedeutung
Das ist mit ein Grund dafür, dass in den vergangenen Jahren die G20 – ein informeller Zusammenschluss der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – an Bedeutung gewannen. In dieser Runde sollen seit Ausbruch der Krise vor allem neue Regeln für den internationalen Finanzmarkt definiert werden. Zuletzt stand jedoch meist nur die Schuldenkrise Europas auf der Tagesordnung. Und statt konkreter Beschlüsse setzte es Kritik am europäischen Krisenmanagement und das „Verbitten von Belehrungen“ als verärgerte Reaktion.
Eine „Weltregierung“, die sich viele Menschen als ein übergeordnetes Gremium zur Lösung von globalen Ungleichgewichten, Wirtschaftskrisen oder Umweltproblemen erträumen, scheint unter diesen Rahmenbedingungen nicht möglich. Alle Versuche in dieser Richtung sind bisher gescheitert.

Preissturz bei CO2-Zertifikaten: Österreich kauft sich frei
04.04.2012 | 18:18 | MATTHIAS AUER (Die Presse)

Der CO2-Handel verfehlt sein Ziel, warnt die EU und will eingreifen. Statt 30 Euro, wie noch 2008, kostet das Recht, eine Tonne CO2-Äquivalent auszustoßen, derzeit nur noch fünf bis sechs Euro.

Wien. Das Timing ist perfekt. Österreich nutzt das Rekordtief der Preise für CO2-Zertifikate und kauft sich vergleichsweise günstig von seinen Klimaschutzverpflichtungen frei. Der Preissturz hat aber auch negative Seiten: Denn er ist ein weiteres Signal dafür, dass der CO2-Handel in der EU einfach nicht so funktioniert wie er sollte.
Hierzulande wurden am Mittwoch nur die Sonnenseiten des Preisverfalls gefeiert: „Wir haben die Kyoto-Lücke geschlossen“, frohlockte Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Selten hat sich ein österreichischer Minister so darüber gefreut, eben 160 Millionen Euro an Steuergeldern für Verschmutzungsrechte im Ausland ausgegeben zu haben. Doch er ist sicher, ein Schnäppchen gelandet zu haben. „Der Preis war mit fünf Euro pro Tonne so günstig, wir mussten handeln.“
Bekanntermaßen schafft es das Land nicht, bis Ende 2012 seine selbst gesteckten Reduktionsziele aus dem Kyoto-Protokoll zu erreichen. Da ein kompletter Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll, wie ihn etwa Kanada vor wenigen Monaten vorexerziert hat, für Berlakovich nicht infrage kommt, muss die Republik CO2-Zertifikate aus dem Ausland zukaufen. 530 Millionen Euro hat sie schon bisher dafür ausgegeben. Mit den zusätzlichen 160 Millionen soll nun auch die restliche Kyoto-Lücke von 32 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten geschlossen sein. Tatsächlich kommt Österreich damit deutlich billiger davon, als viele Experten befürchtet hatten.

CO2-Handel der EU ist klinisch tot
Während sich Österreichs Umweltminister also zu Recht über die niedrigen CO2-Preise freuen kann, treiben sie den EU-Politikern Sorgenfalten auf die Stirn. Sieben Jahre nach der Einführung des Emissionshandelssystems der EU (ETS) wird immer klarer, dass es sein Ziel nicht erreicht. So ist die Tatsache, dass die 12.000 europäischen Unternehmen, die dem System unterworfen sind, im Vorjahr um 2,5 Prozent weniger Treibhausgase emittiert haben, kein Erfolg des Handelssystems. Im Gegenteil.
Denn die Gründe für die Reduktion liegen nicht in der umweltschonenderen Produktionsweise der Unternehmen, sondern im milden Winter und dem wirtschaftlichen Einbruch im Vorjahr. Die Folge: Rund fünf Prozent der CO2-Zertifikate, die ausgegeben wurden, werden nicht gebraucht und drücken nun die Preise. Statt 30 Euro, wie noch 2008, kostet das Recht, eine Tonne CO2-Äquivalent auszustoßen, derzeit nur noch fünf bis sechs Euro. Kann die Industrie aber zu so günstigen Preisen Verschmutzungsrechte einkaufen, droht die Logik des CO2-Handels in sich zusammenzubrechen. Die Umstellung auf eine „grünere“ Produktion lohnt dann schlichtweg nicht mehr.
Das hat auch die EU erkannt: Das CO2-Handelssystem erfülle derzeit seine Aufgabe, „ein klares Preissignal zu senden und damit Investitionen in CO2-arme Technik zu gewährleisten“ nicht, heißt es in einer Vorlage der dänischen Ratspräsidentschaft für das Treffen der Umweltminister der EU. Das EU-Parlament drängt seit Längerem darauf, die Anzahl der verfügbaren Zertifikate drastisch zu verringern. Auch ein Mindestpreis für CO2-Rechte ist im Gespräch.
Von der Idee, die Marktkräfte einzusetzen, um das Klima zu schützen, wäre man dann freilich ein gutes Stück entfernt.


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